TILMAN JANUS
MÄNNER LIEBEN

 Mord im Seebad

Schwuler Erotik-Krimi

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Ein Toter wird an der Ostsee aus dem Wasser gezogen, doch der Mord ist nur ein Hinweis auf weitere, geheimnisvolle kriminelle Machenschaften. Der Kommissar wirkt hilflos. Auch der gut aussehende Staatsanwalt findet keinen Anhaltspunkt und bittet seinen Lover, den Grafen Lorenz von Langenfeldt, für ihn auf seine ganz spezielle Weise zu ermitteln. Jannes, der frisch eingestellte Sekretär auf Schloss Langenfeldt, erlebt hautnah, wie gefährlich das Leben an der Seite des attraktiven und mutigen Grafen ist - und wie außerordentlich lustvoll! Jannes tut alles für seinen Boss! Und der nimmt Jannes’ Hilfe gerne an - aber wird er jemals dessen Liebe erwidern?

 Leseprobe aus
Tilman Janus: Mord im Seebad

Copyright Bruno Gmünder Verlag, Berlin 2014

Es gibt nichts Schöneres am Morgen, als einen warmen, schlaftrunkenen Männerschwanz in der Hand zu spüren. Ich fühlte voller Lust das langsame Räkeln und Recken, das allmähliche Wachsen und Härterwerden. Gleich würde er steif sein, gleich könnte ich diese feste Kuppe an meinen immer hungrigen Eingang drücken und langsam in mein Innerstes hineingleiten lassen.

»Och nö!«, hörte ich da Tobias’ ungnädige Stimme. »Ich will wirklich noch schlafen!« Er zog mir sein geiles Teil aus den Fingern und drehte mir brüsk den Rücken zu.

Es war nicht das erste Mal, dass ich mir Gedanken um unsere Beziehung machte, doch an diesem Montag im Juli erschien es mir besonders dringlich, den Partner zu wechseln.

In stummer Wut und Trauer schlüpfte ich aus dem Doppelbett und ging ins Badezimmer. Unter der Dusche überfiel mich der ganze Jammer meines Lebens. Nicht einmal zum Wichsen hatte ich Lust. Alles war total verfahren. Das Dumme war, dass ich mich von Tobias abhängig gemacht hatte. Ich war arbeitslos, hatte keine eigene Wohnung mehr und auch nach mehr als hundert Bewerbungen keine Aussicht auf einen Job. Wie sollte ich mich da von ihm trennen?

Tobias war vierzig, elf Jahre älter als ich. Er arbeitete als Barmann in einer edlen Berliner Schwulenbar. Ich konnte verstehen, dass er lange schlafen wollte nach seinem anstrengenden Job, aber zwischendurch hätte er mich doch mal kurz ficken können! Die Wahrheit lag wohl eher darin, dass er gar nicht besonders scharf war auf Sex, im Gegensatz zu mir. Ich konnte nicht genug davon bekommen! Doch Tobias hielt mich an der kurzen Leine.

Ich frottierte mich ab und schaute dabei in den bodentiefen Badezimmerspiegel. Ich sah wirklich nicht schlecht aus. Mittelblondes, glattes Haar, das immer etwas lässig und unfrisiert wirkte, aber trotzdem gut saß, blaue Augen, ein hübsches Gesicht mit vollen Lippen, relativ breite Schultern, ein sportlicher, schlanker Körper, 1,79 groß, eine schön modellierte, haarfreie Brust, ein klassischer, großer Schwanz und feste, stramm verpackte Eier – damit konnte ich zufrieden sein. Außerdem bildete ich mir ein, ein höflicher, freundlicher und humorvoller Mensch zu sein. Die Welt hätte mir offen stehen können, wenn nicht … Ich seufzte, während ich mich anzog.

In Tobias’ Wohnzimmer hatte ich mir einen kleinen Tisch als Schreibplatz eingerichtet. Auf einer Seite stapelten sich die Absagen auf meine Bewerbungen, an der anderen Seite die noch unbeantworteten Fälle. Beruflich hatte ich nicht sehr viel vorzuweisen: ein abgebrochenes Mathematik-Studium, eine mit Ach und Krach bestandene Ausbildung in Buchhaltung und einen unrühmlich beendeten Job im Büro einer großen Immobilienverwaltung. Danach kam ein schwarzes Loch in meiner Biografie, und dieses Loch war schuld daran, dass ich keine Arbeit fand. Ich schrieb es immer gleich rein in meinen Lebenslauf, dass ich zwei Jahre hinter Gittern verbracht hatte, sie würden es ja doch herausbekommen, und ein Verschweigen war noch schlimmer. Betrug und Untreue hatte das Urteil gelautet. Ich will mich nicht reinwaschen, wenn ich sage, dass mein Abteilungsleiter mich dazu angestiftet hatte, um selbst an das Geld der Firma zu kommen. Ich hätte mich eben nicht hineinziehen lassen dürfen, das war mein Hauptfehler gewesen. Das Geld hatte auch mich zu sehr gelockt. Nun war es zu spät zum Jammern. Wegen guter Führung war ich vorzeitig entlassen worden, aber die Vorstrafe blieb und verdarb mir meine ganze Zukunft.

Verständlich, dass ich vor einem halben Jahr froh gewesen war, bei Tobias unterzukommen. Er hatte eigentlich nur eine Putzkraft gesucht. Tobias sah recht attraktiv aus, und dass er elf Jahre älter war, störte mich nicht. Schon nach ein paar Tagen waren wir zusammen im Bett gelandet. Leider nicht sehr häufig in all den Monaten! Und nun wollte ich weg, unabhängig sein, selbst richtiges Geld verdienen. Und einen richtigen Freund haben! Wie unendlich schwierig das war!

Ohne große Hoffnungen holte ich, wie jeden Tag, unsere Post aus dem Briefkasten im Hausflur. Wir wohnten im dritten Stock eines abgebröckelten Altbaus in Berlin-Schöneberg, nichts Besonderes, aber besser als gar kein Dach über dem Kopf.

Ein Brief fiel mir sofort auf, weil der Umschlag aus einem sehr edlen Papier bestand. Er war an mich adressiert. Ich öffnete ihn zuerst.

Im Betreff stand die Chiffre-Nummer eines Stellenangebotes, auf das ich mich erst vor vier Tagen beworben hatte. Ich habe ein phänomenales Gedächtnis für Zahlen, deshalb wusste ich sofort, um welche Stelle es sich handelte: Sekretär und Buchhalter in Rostock, Mecklenburg. Im Absender stand: Lorenz Alexander Graf von Langenfeldt. Beeindruckend! Unterschrieben war der Brief von einem Herrn Manfred Krause. Weniger beeindruckend. Egal! Ich sollte mich dort vorstellen, so bald wie möglich.

Ich hängte mich ans Telefon und rief Herrn Krause an. Er meldete sich sofort. Seine Stimme klang alt und krächzig, aber nun, ich wollte ihn ja nicht heiraten, sondern nur den Job! Wir vereinbarten ein Vorstellungsgespräch um drei Uhr.

Nun kam Leben in mein Leben! Ich zog mich um – Anzug, Krawatte, geputzte Lederhalbschuhe – und setzte mich in meinen uralten Fiat. Tobias hatte ich einen Zettel hingelegt, dass ich nach Rostock müsste, denn er schlief immer noch. Ich bin ein Frühmensch, ich liebe den Morgen, die ersten Sonnenstrahlen, die ersten hoffnungsvollen Vogelstimmen. Tobias dagegen war eher eine Nachtschwalbe.

Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel herab. Während ich von Berlin über die Autobahn nach Norden fuhr, begann ich im Auto zu singen. Ich wusste nicht, warum, aber ich hatte ein gutes Gefühl.

  

2

 »Gut Langenfeldt« stand auf einem weißen Blechschild am Rand der Landstraße. Genau da wollte ich hin! Ich bog in die schmale Fahrstraße ein. Sie führte etwa drei Kilometer weit durch kleine Laubwälder und frische, leicht hüglige Wiesen. Ich hatte an der Ausfahrt Rostock Ost die Autobahn verlassen und war der Hanseroute Richtung Ribnitz-Damgarten gefolgt. Nur noch die Rostocker Heide trennte mich vom Ostseestrand. Ein schönes Fleckchen Erde, besonders, wenn man aus dem heißen, stickigen Berlin kam.

Dann tauchte das Gutshaus auf. Die Bezeichnung war stark untertrieben. Es handelte sich eher um ein Schloss. Das schneeweiße, zweistöckige Gebäude wirkte streng und symmetrisch. Zwischen zwei etwas vorspringenden Ecktürmen erstreckte sich eine glatte Fassade, die nur durch einen Quersims geschmückt wurde, der zwischen Parterre und erstem Stock verlief. Hinter den Ecktürmen schlossen sich rechtwinklig angesetzte, weitläufige Seitenflügel an. Alle Fenster trugen oben einen Rundbogen, das verlieh dem Bauwerk etwas Leichtes, Südländisches und gleichzeitig Klassisches. Die Fenster der ersten Etage waren kleiner ausgeführt als die vom Erdgeschoss, und die der zweiten Etage noch etwas kleiner, was dem ganzen Gebäude ein witziges I-Tüpfelchen aufsetzte. Die schlichten Walmdächer waren frisch mit roten Ziegeln gedeckt. Rings um das Schlösschen erstreckte sich ein unglaublich gepflegter, parkartiger Garten. Spitze Wacholder und zu Kugeln oder Säulen geschnittene Buchsbäume strahlten eine Stimmung aus, die ans Mittelmeer erinnerte. Seitlich umrahmten üppig blühende Hortensien- und Schneeballbüsche den kurz geschnittenen Rasen.

Ich parkte mein Auto an der Auffahrt und sah mich bewundernd um. Wie herrlich manche Menschen doch wohnen, dachte ich. Langsam ging ich den Kiesweg hinauf zum Haupteingang und betätigte einen bronzenen Klingelknopf.

Plötzlich stand ein Kerl mit einer schwarzen Augenklappe neben mir, aufgetaucht aus dem Nichts. Er war dünn und lang aufgeschossen, bestimmt über zwei Meter groß. Gekleidet war er in eine grüne Latzhose und ein grün kariertes Hemd. In der Faust trug er eine mächtige, gefährlich wirkenden Grabegabel. Mir wurde ziemlich mulmig zumute.

»Was suchen Sie hier?«, blaffte er mich an. »Für Unbefugte verboten!«

»Ich habe einen Termin bei Herrn Krause«, sagte ich etwas heiser.

»So?«, entgegnete er drohend, und es klang, als ob er mir kein Wort glaubte.

Ich nickte bekräftigend. Da öffnete sich zum Glück die breite Eingangstür. Ein etwa fünfundvierzigjähriger Mann in schwarzer Hose, schwarzem Hemd und schwarzgold gestreifter Dienerweste öffnete. Er war fast genauso groß wie der Kerl mit der Grabegabel, mindestens 1,95, allerdings wirkte er nicht ganz so gefährlich, trotz seines außerordentlich muskulösen Körpers. Sein graublondes Haar war bereits weit aus der Stirn zurückgewichen. Er musterte mich mit seinen großen, wasserblauen Augen. »Sie wünschen?«

»Guten Tag!« Ich versuchte, meiner Stimme einen festen Klang zu geben. »Mein Name ist Jannes Kant. Ich habe einen Termin bei Herrn Manfred Krause.«

Der Halbglatzenkerl nickte durchaus freundlich. »Kommen Sie bitte herein!« Und zu dem wilden Gärtner gewandt sagte er: »Alles in Ordnung, Gustav, du kannst wieder an deine Arbeit gehen!«

Gustav drehte ab, und ich trat erleichtert in das Schloss ein.

Auch die Innenräume strahlten eine perfekte Harmonie aus. In der Empfangshalle und den angrenzenden Fluren und Treppenhäusern waren alle Wände schlicht weiß gestrichen. Einfache bronzene Leuchter, die mit kugelrunden Glühbirnen bestückt waren, zierten die hohen Decken. Altes, aber gut gepflegtes Parkett bedeckte die Böden. Einziger Blickfang in der Eingangshalle war die lebensgroße antike Bronzestatue eines schönen, vollkommen nackten Jünglings, die, wie ich später erfuhr, den Sonnengott Apollo darstellte.

Der Diener führte mich, nachdem wir die Halle durchquert hatten, durch einen der weißen Flure. An den Wänden hingen gerahmte Fotos von der Ostsee, von Dünen, Steilküsten und Leuchttürmen. Wir erreichten eine Art Kanzleizimmer. Die Wände dort waren bis in etwa einen Meter Höhe mit rotem Samt bespannt. Über der vergoldeten Abschlussleiste hingen Großfotos von italienischen Städten und Landschaften in schmalen goldenen Rahmen: der Dogenpalast von Venedig, Rom natürlich, der herrliche Dom in Florenz, der schräge Marmorturm von Pisa, die romantische Küste bei Amalfi, ein Panoramabild von Neapel mit Vesuv und noch viele andere.

An einem großen, antik wirkenden Schreibtisch saß ein kleiner, dürrer, weißhaariger Herr. Er blinzelte durch seine dicken Brillengläser, die ohne Ohrbügel auf seiner gewaltigen Hakennase klemmten.

Ich deutete eine Verbeugung an – in so einem Haus wurde selbst ich ganz schrecklich altmodisch! – und stellte mich vor.

»Ah ja, Herr Kant!«, krächzte er. »Mein Name ist Krause. Nehmen Sie Platz!« Ich ließ mich auf einem altertümlichen Stuhl mit rotgestreiftem Bezug nieder. »Sie sind also der neue Sekretär, mein Nachfolger!«, fuhr er fort.

Ich sah ihn überrascht an. »Ich weiß es noch nicht«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Deshalb komme ich ja heute zum Vorstellungsgespräch.«

Der alte Mann winkte ab. An seiner faltigen Hand glitzerte ein großer Brillantring. »Unser Graf hat sich, glaube ich, bereits entschieden. Wissen Sie, Herr Kant, ich bin jetzt siebzig Jahre alt. Ich möchte endlich meinen Lebensabend in Ruhe genießen.« Er blinzelte wieder heftig, zückte ein großes Stofftaschentuch, nahm den Kneifer ab, putzte die Gläser, setzte ihn wieder auf und musterte mich eingehend. Dann nickte er. »Sie sehen noch besser aus als auf Ihrem Bewerbungsfoto!« Er kicherte leise. »Also, ich würde Sie sofort nehmen!« Sein Kichern wurde lauter. Ich fand den Alten ziemlich eigenartig.

Da wurde eine Doppelflügeltür aufgerissen. Ein Typ in meinem Alter erschien im Türrahmen, der mir einen Erregungsschauer durch den Leib jagte. Mein absoluter Traummann stand dort! Er war so groß wie ich oder geringfügig größer, also ungefähr 1,80, schlank und wirkte sehr sportlich trainiert. Zu seinen gut sitzenden Jeans trug er ein weißes Hemd mit offenem Kragen und ein schwarzes Sakko. Sein leicht lockiges, nicht zu kurzes Haar war schwarzbraun, schimmerte an manchen Stellen auch bläulich. Die Frisur wirkte genial lässig, wie eben aufgestanden oder kunstvoll so hergerichtet, keine Ahnung. Er hatte leicht gebräunte Haut, ein wundervoll männliches Gesicht mit dunklen, starken Brauen, einer klassischen, großen, geraden Nase und entschlossen wirkenden Lippen. Der Dreitagebart stand ihm außerordentlich gut. Seine Augen waren das Faszinierendste – von einem hellen, funkelnden Braun, lebhaft, klug, kritisch und zugleich offen und herzlich.

Du bist einfach wundervoll!, dachte ich und spürte, wie mein Schwanz sich sehnsüchtig regte und wuchs und wuchs. Und das bei einem Vorstellungstermin! Ich wusste nicht, was ich tun sollte.

  

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